Die ORF Debatte magerlt mich schon einige Zeit. Vordergründig geht es bei der Reform des ORF Gesetzes um Beschränkung der Werbeeinnahmen und die geplante Einstellung der Futurezone, die den Verlust eines Mediums bringen würde, das im Bereich Computer und Neue Medien in Österreich Qualitätsstandards setzt. Nun gibt es in diesem Bereich auch andere Medien (vor allem die Tageszeitungen), aber in der Futurezone steckt schon viel Know-How und sie bietet unabhängige Berichterstattung. Im übrigen in Form einer guten Zusammenarbeit und gegenseitiger Ergänzung mit matrix von Ö1 (jeden Sonntag ab 22h30). Das erwähne ich auch deshalb, weil ein Argument in der Debatte ist, der ORF darf Online nur Informationen, die in Bezug zu einer Sendung stehen, publizieren.
In Zusammenhang mit der Futurezone empfehle ich:
- die Unterzeichnung des Offenen Briefes von Beate Firlinger an Staatssekretär Ostermayer, und
- die Unterstützung der einschlägigen Facebookgruppe
Noch mehr als dieses „Special Interest Thema“ stört mich aber, dass ich den Eindruck habe, dass der Umgang mit diesem Thema doch symptomatisch für die ganze ORF Debatte bzw Auseinandersetzung über die Funktion öffentlich rechtlichen Rundfunks (die es leider in dieser Form und mit dieser Fragestellung nicht gibt) ist. Wobei die Debatte EU weit auch nicht besser läuft.
Leiden wir an zuviel Qualität?
Wenn man die Diskussionen um das neue ORF Gesetz verfolgt, dann muss man den Eindruck gewinnen, unser grösstes Problem besteht darin, dass wir an zuviel hochwertigem, gut recherchiertem (Hintergrund-) Journalismus fürchterlich leiden, den es gilt so rasch als möglich zu beseitigen. Und, dass sich der Verband der ZeitungsherausgeberInnen seinen ORF und sein ORF Gesetz wünschen darf.
In Matrix war vor einigen Wochen ein Beitrag, in dem über die Zukunft der Printprodukte – sprich Zeitungen- im Zeitalter des Internet und Web 2.0 und blogging und so weiter nachgedacht wurde. Da wurden auch Modelle vorgestellt, in denen zb Recherchearbeit und Erarbeitung von Hintergrundinfos direkt remuneriert wurden. In einem vorgestellten Beispiel durch eine Stiftung in den USA. Wobei auch klar ist, dass diese Finanzierung durchaus auch seitens der öffentlichen Hand erfolgen könnte.
In der breiten Debatte gehts zwar vordergründig um Vielfalt, aber ich habe immer den Eindruck im Sinne von Quantität und Auflage. Und jedenfalls privat, weil das ist ja bekanntlich immer besser. Dabei sollte, nachdem es mittlerweile ja einige Krawallzeitungen (copyright: Hans Rauscher) und eine unüberschaubare Menge an privaten Fernseh- und Rundfunksendern gibt, klar sein, dass hier die Quantität (weder Anzahl der Medien noch die Götter der Auflage und Einschaltquoten) keine besser informierte, gebildete und bewusste Menschen bringt (Stichwort: overnewsed und underinformed). Und zwar weder von „Heute“, Krone, Österreich noch von RTL 27.
Ein Nachdenken wie eine Medienwelt aussehen könnte, die einen Beitrag zu besser informierten, orientierten und bewusst handlungsfähigen Massen leistet, wird nicht einmal im Ansatz geführt. Dass da auch ein gebührenfinanzierter Rundfunk (dem man grad versucht die zukunftsträchtigen Themen und Märkte zu beschneiden) eine wichtige Funktion hat, sollte wohl unbestritten sein. Stattdessen gestaltet sich der Verband der ZeitungsherausgeberInnen seine Konkurrenz, indem er sie so weit als nur irgend möglich durch den Nationalrat beschneiden lässt.
Ergänzung:
Ein guter Artikel in der Zeit, auch mit Bezug zu den Entwickungen bei ARD und ZDF
Ergänzung 23.6.2010:
Und wer trauert um den ORF?
Reformziel Zu-Tode-Sparen?
http://derstandard.at/1276413783631/Kommentar-der-Anderen-Und-wer-trauert-um-den-ORF