- ja, ich bin für mehr Demokratie (auch in der EU)
- ich bin auch für den Ausbau der demokratischen Institutionen und Rechte
- ich bin (seit 1978 und noch immer) gegen Atomkraftwerke
- und gegen den Privatisierungswahn
aber die Forderung nach einer Volksabstimmung greift mir doch ein wenig zu kurz…..
Ich sehe nämlich keine Alternative
- zu einer politischen Union
- zu einem Europa, das sich nur vereinigt und stark auf der politischen Weltbühne einbringen kann (nur jammern über die Dominanz der USA kann`s ja wohl auf Dauer auch nicht sein)
Und ich will als nur ein Beispiel gar nicht wissen, wie die gesellschaftpolitische Entwicklung in Österreich nach 2000 ohne das kritische Auge der damals vierzehn Partnerstaaten ausgesehen hätte. Wenn auch die „Sanktionen“ zumindest taktisch so toll nicht waren, es kann doch niemand bestreiten, dass die Union zumindest politische Mindeststandards sichert. Von dem wie – vor allem – Österreich wirtschaftlich durch die Europäische Vereinigung profitiert hat, reden wir in diesem Zusammenhang nicht.
Natürlich ist auch der Vertrag von Lissabon demokratiepolitisch noch nicht das „Gelbe vom Ei“, sondern ein mühsam errungener Kompromiss (so einfach war`s auch jetzt nicht die Grundrechtscharta durchs polnische Parlament zu bringen). Und natürlich ist die Europäische Union schon aus ihrer geschichtlichen Entstehung zuviel Wirtschaftsgemeinschaft und zu wenig politisch-soziale Union. Trotzdem: ein Friedensprojekt war und ist sie allemal. Der Dany Cohn-Bendit hat zurecht immer wieder darauf hingewiesen, dass auch in Deutschland erst Frieden möglich war im Zuge einer politischen Vereinigung der Fürstentümer.
Solange es das Einstimmigkeitsprinzip gibt, werden immer auch im demokratiepolitischen Sinne einengende Kompromisse kommen. Auch um die Ersetzung des Einstimmigkeitsprinzip durch das Mehrheitsprinzip gehts in dieser Runde der kleinen Schritte zur Demokratiserung der EU.
Ein System, das mehrfach abgesicherte Mehrheiten mit weit mehr als 50% vorsieht. Z.B. das Prinzip der doppelten Mehrheiten (55 % aller Mitgliedstaaten, jedoch mindestens 15 Mitgliedstaaten, die gleichzeitig mindestens 65 % der Bevölkerung repräsentieren) bzw den erweiterten Minderheitenschutz mittels des Ioannina-Kompromisses. Das ist undemokratisch? Und sehen wir nicht gerade in diesem unserem Land – das gerne die Vorteile geniesst, sich mit Verantwortung aber oft so schwer tut – das selbst bei nur 50% Mehrheitsnotwendigkeit nix geht (und vor allem kein sozialpolitischer Fortschritt), wenn der Schüssel nicht will?
Mühsam ist sie schon die notwendige Aufklärungsarbeit
- gegen die Populisten von Dichand über Haider und Strache (vergangenes Wochenende hat der eine publizistisch und die beiden anderen zb Glatzköpfe mobiliisert)
- mit einem Mainstream in der herrschenden Politik, der alles Gute selbst gemacht hat und alles Schlechte in Brüssel geboren erkennt
Wobei ich mich auch nicht durch überschäumende Aktivitäten in diesem Bereich hervorgetan habe. Ist halt sperrig das Thema, schwer zu erklären, billiger und einfacher das Schimpfen. Gegner und Befürworter eint, dass sie den Vertrag von Lissabon auch (fast) alle – zumindest nicht zur Gänze – nicht gelesen haben.
Was ist die Alternative?
• der demokratiepolitische Status Quo auf viele Jahre
• oder gar der Zerfall der EU als politische Gemeinschaft oder zumindest eine Gefährdung dieser Form der Union (die Wirtschaftsunion würde schon bleiben)
Denkt jemand – auch von meinen vielen FreundInnen in den „linken“ Initiativen von Alternativen Gewerkschaftern, der Grünen Bildungswerkstatt bis zur Initiative für eine Sozialistische Politik (der SPÖ) und ATTAC auch daran? Man/frau sollte nur gegen was sein, wenn man/frau sich überlegt hat was die Alternative ist, und wenn diese auch Sinn macht.
so einfach ist es halt nicht, denn:
“Politik bedeutet das starke, langsame Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmass zugleich” Max Weber
und nicht
“….tagespolitisches Schlaucherltum, das man in Österreich für Politik zu halten geneigt ist….”
Armin Thurnher, Falter Nr 8/03:
zum Weiterlesen:
>>> Volxabstimmung (neben den hier kritisierten Positionen gibt`s dort viel Material; u.a. Link zum Vertrag im Original)
>>> Vertrag von Lissabon in der Wikipedia
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